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Geld: Der Schein trügt.

Antidesign muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass „Design“ prinzipiell negiert oder abgelehnt wird. Man kann es auch einfach als Absage an das bestehende, etablierte Designverständnis und das System aus künstlich geschaffenen Bedürfnissen und Abhängigkeiten verstehen – oder als Kampfansage an selbiges.

In diesem Sinne gibt der beeindruckende Dokumentarfilm von Claus Strigel „Der Schein trügt” über das weltweite Geldsystem einem Antidesigner neuen Stoff zum nachdenken, agitieren und verändern.

Auszug aus der Filmbeschreibung:

»Im Geld schmilzt die Welt. Ob Sex, Kartoffeln oder Waffen: Das Zaubermittel Geld, kann alles zu allem wandeln. Die folgenreichste Erfindung der Menschheit ist ebenso genial wie fatal, sagt der ehemalige Notenbanker und Geldforscher Bernard Lietaer. “It turns the mind into a brezel”
Ein Zaubermittel, das alles bedeutet und doch keinerlei Wert hat.
Es wird aus dem nichts geschaffen, vermehrt sich exponentiell und bezieht seinen Wert doch durch Mangel. Armut garantiert seinen Wert: Hätten alle genug Geld, hätte es keinen Wert. Es soll sich um ein Tauschmittel handeln, doch nur 2% der Billionen, die täglich um den Erdball geschossen werden, dienen dem Austausch von Waren und Dienstleistungen. […] Paul Singer, Brasiliens Staatssekretär für solidarische Ökonomie bringt die Sache auf den Punkt: Wir müssen die Macht über unser Geld zurückgewinnen.«
[Quelle: http://derscheintruegt.com/ ]

Mein Kommentar:

Klar, wir haben ja schon immer gewusst, dass Geld den Charakter verdirbt. Und dass es irgendwie an allem Schuld ist. Aber inwiefern und wieso versteht man nach diesem Film wesentlich besser. Wie man Regionalwährungen oder ein alternatives Geldsystem nun im Detail designen müsste, kann ich natürlich auch (noch) nicht beurteilen. Die Evolution des Geldsystems erscheint mir jedenfalls – neben Bildung, einer True-Cost-Economy, der Reform der Medienlandschaft u.a. – ein wichtiger Hebelpunkt zu sein. Dabei geht es vielleicht nicht einmal darum, das bestehende kranke System abzuschaffen oder zu bekämpfen, sondern es an der richtigen Stelle um weitere Währungszweige auszubauen. Vielleicht wird Geld dann irgendwann einmal so vielfältig sein, wie das Leben selbst – und das System gesunden.

Weitere Infos und Diskussionen zum Film:

http://www.denkmal-film.com/derscheintruegt.com/index.html

http://www.3sat.de/page/?source=/ard/sendung/137958/index.html

http://konsumpf.de/?tag=geldsystem

Regionalwährung in Deutschland und der Schweiz:

Wow, alternative Geldsysteme funktionieren wirklich – auch bei uns!

http://www.welt.de/finanzen/article3342691/Der-Siegeszug-alternativer-Waehrungen.html

http://detektor.fm/wirtschaft/eine-eigene-waehrung-mitten-in-deutschland/

http://www.chiemgauer.info

http://www.chiemgauer.info/fileadmin/user_upload/Basisinfo/PM_2010-02_Kurzberschreibung.pdf

http://de.wikipedia.org/wiki/WIR_Bank

Wissenschaftlicher Hintergrund:

die Freiwirtschaftslehre Dieser ganzen Geschichte um alternative Geldsysteme und Regionalwährungen liegt bereits eine eigene wirtschaftswissenschaftliche Theorie zu Grunde; ein teils gut erforschtes und erprobtes Modell: die „Freiwirtschaft“. Sie platziert sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts als neuer Ansatz neben dem “klassischen Wirtschaftsliberalismus” (Adam Smith) und den dagegenstehenden Theorien des “Wissenschaftlichen Sozialismus” (Karl Marx). Begründer der Freiwirtschaftslehre ist Silvio Gesell (1862 – 1930). Die Lehre wurde im letzten Jahrhundert auch von den anderen Wirtschaftstheoretikern diskutiert und auch teilweise anerkannt. Seit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 2009 ist das Thema „Freiwirtschaft“ wieder top aktuell und wird in Fachwelt und Politik vermehrt diskutiert.

Einstieg in die Theorie über Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Freiwirtschaftslehre#Unmittelbar_nach_Gesell

Wichtigstes Standardwerk im Volltext „Silvio Gesell: Die Natürliche Wirtschaftsordnung“ http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/gesell/nwo/

Praktisches Mittel zur Umsetzung der Theorie: umlaufgesichertes Geld. Dieses Geld verliert bei Nichtbenutzung langsam an Wert, was zu einer schnelleren Zirkulation führt. »Durch diesen eingeplanten Wertverlust soll das Geld stetig im Umlauf bleiben und sprichwörtlich „der Rubel rollen“.« [Quelle: http://www.chiemgauer.info/fileadmin/user_upload/Basisinfo/Geld_ist__was_gilt.pdf ]

Praktisch umgesetzt wird dies z.b. mit Marken, die gekauft und auf die Banknoten geklebt werden müssen, da die Scheine ansonsten verfallen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Umlaufgesichertes_Geld

Ein kurzes Resümee:

Durch den Film und die anschließende Auseinadersetzung mit der Thematik, habe ich als (Anti)Designer wiederrum einen neuen Blickwinkel auf meine Arbeit und deren Produkte gewonnen; ein nochmals erweitertes Verständnis dafür, wie systemimmanent unsere gesellschaftlichen & wirtschaftlichen Probleme tatsächlich sind. Mit diesem Verständnis im Hinterkopf können Designer aktiv an der Veränderung des Geldsystems mitwirken oder (bei Gelegenheit) über die Perversitäten des Systems aufklären. To be continued…

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